Viele Arbeitssuchende in Deutschland waren bereits mehrere Jahre in einem Beruf tätig, ohne zuvor eine Ausbildung abgeschlossen zu haben. Trotz fehlender formaler Qualifikation verfügen sie über berufliches Handlungswissen. Auch Geflüchtete bringen häufig berufliche Kompetenzen mit, können dafür aber keine Nachweise vorlegen. Ihre Fähigkeiten sind für die Vermittler der Arbeitsagenturen und Jobcenter sowie für potenzielle Arbeitgeber nur schwer einzuschätzen, was eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert. Eine verlässliche Standortbestimmung, was jemand in einem Beruf kann, liefert jetzt das Testverfahren MYSKILLS.
MySkills – Start mit acht Berufen
Arbeitsagenturen und Jobcenter bieten den computergestützten Test zunächst in acht Berufen an: Kfz-Mechatroniker, Verkäufer, Fachkraft für Metalltechnik, Tischler, Koch, Landwirt, Hochbaufacharbeiter sowie Bauten- und Objektbeschichter. Im Jahresverlauf wird das Spektrum auf 30 Berufe aufgestockt. Um Sprachbarrieren zu überwinden, kann der Test nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch, Russisch, Türkisch, Farsi und Arabisch absolviert werden. Die Teilnahme ist freiwillig.
Jeder Test enthält rund 120 berufsspezifische Fragen und dauert ungefähr vier Stunden. Die Teilnehmer sehen Videos und Bilder von typischen betrieblichen Praxissituationen und erhalten dazu fachliche Fragen. Die Testergebnisse werden automatisch generiert und können bereits am Folgetag in einem Beratungsgespräch besprochen werden. Es entsteht ein differenziertes Bild, in welchen Tätigkeitsbereichen der Teilnehmer handlungssicher ist. Anschließend kann der Teilnehmer den Test seinen Bewerbungsunterlagen hinzufügen, um Arbeitgebern sein berufliches Können besser zu dokumentieren.
Ergebnisse helfen bei Vermittlungsstrategie
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sieht MYSKILLS als wichtiges Instrument für Berater und Vermittler: „Wir wollen die Menschen, die Arbeit suchen, möglichst gut in Arbeit integrieren. Wenn wir bei einem Geflüchteten oder einem geringqualifizierten Arbeitsuchenden sehen, wie ausgeprägt berufliches Wissen ist, ist das sehr hilfreich für uns. Wir können Arbeitgebern bessere Vorschläge machen, wir können die geeignete Anschlussqualifizierung suchen und wir können so Schritt für Schritt die Menschen auf dem Weg zu einem qualifizierten Abschluss begleiten. Wir wollen aus Menschen mit beruflichen Grundkenntnissen am Ende anerkannte qualifizierte Fachkräfte machen. MYSKILLS ist ein erster Schritt dabei.“
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sieht in MYSKILLS sowohl einen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration von Geflüchteten als auch gegen den Fachkräftemangel in vielen Branchen: „Unter den Geflüchteten und Arbeitssuchenden gibt es Talente, die viele Betriebe händeringend suchen. Wir müssen sie nur zusammenbringen, und dabei soll MYSKILLS helfen. Einen Test, der so schnell in so großer Anzahl aussagekräftige individuelle berufsfachliche Profile ermöglicht, hat es bislang nicht gegeben.“
Entwickelt wurde MYSKILLS gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung. Wissenschaftliche Projektpartner sind das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung f-bb und das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung DIPF. Beteiligt waren außerdem eine Vielzahl berufspraktischer Experten wie Ausbilder, Berufschullehrer, Prüfer, Meister, Arbeitgeber, Kammern und Verbände.